· 

TILISCOS KOLUMNE – Eine Frage der Ehre!


Eine Frage der Ehre!

Wann haben Sie das letzte Mal ein Geschäft per Handschlag besiegelt? So richtig bildlich ist das sicher schon eine Weile her -schon wegen Corona-, aber rein rechtlich kommt so ein gültiger Vertrag zustande.

Grundsätzlich sind laut Bürgerlichem Gesetzbuch alle Rechtsgeschäfte formfrei: Sie können per Handschlag, mündlich oder durch schlüssiges Handeln besiegelt werden. Bei jedem Einkauf, der Autowäsche oder dem Friseurbesuch kommt also ein Vertrag zustande.

 

Allerdings bergen Verträge per Handschlag auch Risiken – beispielsweise bei Uneinigkeit und wenn es dann etwas zu beweisen gilt. Ein schriftlicher Vertrag garantiert beiden Vertragspartnern Rechtssicherheit. Denn kommt es zum Streit, steht oft Wort gegen Wort.

 

Ganz egal, ob mündlich oder schriftlich, der Abschluss eines Vertrages, setzt immer ein gewisses Maß an Vertrauen voraus. Beide Parteien wollen sich darauf verlassen, dass das Angebot und dessen Annahme fair und ausgewogen stattfindet.

 

Umso ärgerlicher ist ein Geschäftsgebaren, das immer mehr um sich greift: die einseitige Nichteinhaltung bereits geschlossener und zugesagter Vereinbarungen.

 

Da werden bspw. schon lange beauftragte, individualisierte Produkte plötzlich storniert. Und im Begleitschreiben wird der Lieferant deutlich darauf hingewiesen, dass man sich ja wohl auch in Zukunft wieder einbringen möchte und sich in diesem engen Nischenmarkt ein schlechter Ruf rasch verbreitet. Irgendetwas passt nicht, also wird der Vertrag gebrochen oder eben ein Teil nicht erfüllt. Dabei gilt das David gegen Goliath Prinzip. Es sind meist die Großen, die sich nicht an die Vereinbarungen halten. Sie haben im Zweifel den längeren Atem oder die stärkere Rechtsabteilung.

 

Genauso schlecht steht es übrigens auch um die zu vereinbarenden Zahlungsziele. 60 Tage und mehr sind keine Seltenheit und dann läuft die Mahnfrist: wieder 30 Tage. Das führt zu Liquiditätsengpässen bei den Lieferanten, verschafft den Konzernen aber eine große Summe an Working Capital. Das Höchstmaß an Arroganz ist das Zahlungsziel von 120 Tagen, mit dem der Brötchenlieferant der Konzernkantine leben muss. Diese Strategie impliziert die Haltung: „Sei mal froh, dass Du liefern darfst.“ Diese schlechte Business Ethik ist leider kein Auslaufmodell, sondern wird von einigen Konzernen oder großen Handelsketten geradezu akribisch gepflegt.

 

Dabei bleibt das Vertrauen, das sich in die Augen schauen und wissen, dieser Handschlag zählt für beide Seiten gleich viel, leider auf der Strecke.

Download
TILISCOS Kolumne im PackReport 03/2021
2021-03.pdf
Adobe Acrobat Dokument 10.4 MB