So wie die Werbung eines Energy Drinks verspricht, dass dieser Geist und Körper Flügel verleiht, so erweckt der deutsche Mindeststandard den Eindruck, dass der darin geforderte Einzelnachweis dem Recyclingmarkt Flügel verleihen könnte.
Ein Einzelnachweis kann Verpackungen eine Recyclingfähigkeit
bescheinigen, für die es gemäß Mindeststandard nur
eine unzureichende Recyclinginfrastruktur gibt. Der Grundgedanke
des Einzelnachweises ist verständlich: Er soll wegführen
vom bloßen „Recycling auf dem Papier“, hin zu einem
echten Recycling. So weit so gut.
Der Ansatz, die theoretische und die reale Recyclingfähigkeit
eines Materials zu verknüpfen, macht absolut Sinn
muss aber am Ende auch für alle und damit auch für den
„Inverkehrbringer/Lizenznehmer“ funktionieren.
Der Einzelnachweis soll, die technische Recyclingfähigkeit
eines Verpackungsmaterials bewerten und diese dann mit
einem wiegescheingestützten Nachweis der tatsächlichen
Verwertung verknüpfen. So die Idee, die einem durch Flügel
belebten Geist entsprungen sein muss. Unserer Meinung
nach wird das jedoch weniger den Recyclingmarkt beflügeln
als wohl eher den Markt des Einzelnachweises.
Und warum?
Weil der Grundgedanke des Einzelnachweises aus rein mathematischen
Gründen so nicht funktionieren kann: denn dafür
müsste die tatsächlich recycelte Menge an Verpackungen ja
exakt der in Verkehr gebrachten Menge, also der Lizensierungsmenge,
entsprechen.
Als Inverkehrbringer wird man allerdings sehr schnell an die
Grenzen der tatsächlich nachweisbaren Recyclingmengen
stoßen. Denn hat man im Einzelnachweisverfahren für seine
Produktverpackung eine gute Recyclingfähigkeit bestätigt,
muss man zusätzlich für die Mengen, welche man jährlich in
den Recyclingkreislauf einbringt einen Nachweis vorlegen,
der bestätigt, dass diese in Verkehr gebrachte Verpackungsmenge
einem hochwertigen werkstofflichen Recycling zugeführt
wurde.
Hier ist es nicht zu weit hergeholt, wenn wir behaupten,
dass über die Recyclingkette, vom Inverkehrbringer, über
den Verbraucher, hin zur Sammlung und Sortierung, ein so
enormer Materialverlust entsteht, dass es schlussendlich
nie eine ausreichend verfügbare Menge an sortiertem Material
geben wird, welche einem hochwertigen Recycling
zugeführt werden kann.
Und nicht nur der Leser, welcher zuvor seinen Geist mit Taurin
belebt hat, merkt spätestens hier, dass die Rechnung so
nicht aufgehen kann.
Es wäre in der Tat beflügelnd, wenn es gelingen würde, einen
Recyclingkreislauf ohne jegliche Verluste aufzubauen. Da bis
dahin am Ende der Kette aber nun mal deutlich kleinere
Mengen zur Verfügung stehen werden, als am Anfang lizensiert
wurden, sollte sich jeder, der einen Einzelnachweis erbringen
muss, schon jetzt ausreichende Nachweismengen
über sein Duales System sichern.
Denn was passiert, wenn sich Angebot und Nachfrage nicht
decken? Dies zu beurteilen, überlassen wir Ihnen, liebe Leser.
Wir sehen also, es bedarf noch so manchem Energy Drink,
um dieses Grundproblem zu lösen und den Mindeststandard
so zu beschreiben, dass der Einzelnachweis auch wirklich
Flügel verleihen kann. Und dann nicht nur dem der die
Einzelnachweise veräußert, sondern allen in der Recyclingkette.
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